… das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt!“, wusste Heinz Rühmann bereits 1930 und sang ein Loblied auf die Freundschaft.
Mein Freundeskreis ist groß und vielfältig. Ich habe Freunde, die ich seit meiner Kindheit kenne und welche, die erst kürzlich dazu gekommen sind. Einige sind eine ganze Ecke jünger als ich – ich habe jedoch auch eine wirklich gute Freundin, die inzwischen Mitte 70 ist. Einige Personen in meinem Freundeskreis haben eine ähnliche Biografie (bis auf die Behinderung) wie ich, andere kommen aus vollkommen anderen Ländern, Familiengefügen, haben einen anderen Bildungshintergrund oder vollkommen andere Interessen als ich. Diese enormen Unterschiede finde ich großartig und sehr bereichernd.
Freundschaften zu pflegen – auch mit den unterschiedlichsten Menschen – das fällt mir nicht schwer. Dennoch sagt die Häufigkeit des Kontakts selten etwas über die Qualität der Freundschaft aus.
Zwei meiner besten Freundinnen kenne ich seit meiner Kindheit. Als ich die eine kennengelernt habe, war ich erst sieben und bei der anderen zehn Jahre alt. Die beiden kennen sich allerdings witzigerweise nicht. Als Kind habe ich mit jeder sehr viel Zeit verbracht und auch heute stehen wir noch immer im regelmäßigen Austausch. Obwohl uns teilweise Kontinente trennten, sind wir also über die Jahre immer im Kontakt geblieben. Wir sehen uns, wann immer es möglich ist, ansonsten telefonieren oder schreiben wir.
Das ist richtig nett. Als langjährige Freundinnen begleiten wir uns gegenseitig durch das Leben. Wir erlebten die Pubertät, das Erwachsenwerden, die erste eigene Wohnung, den ersten Job, Partnerschaften und Kinder. Aber wir erlebten auch das Scheitern von Beziehungen, das Versterben der Eltern, finanzielle Krisen usw. Gemeinsam auf das ganze Leben zurückzugucken und sich in Situationen zu kennen, in denen es einem gut geht – oder aber auch eben nicht – ist schön und ein Stück weit familiär.
Darüber hinaus ist es wirklich nett, dass es immer noch weitere Kontakte zu anderen Freundinnen aus der Kindheit gibt, die nicht im Sande verlaufen sind. Wenn hier der Kontakt lose ist, ist die Verbundenheit doch sofort wieder da, wenn man sich trifft oder auch nur telefoniert.
Meine Freundschaften, die ich als Kind geschlossen habe, sind mir sehr wichtig und diese typischen „weißt Du noch“-Geschichten untereinander auszutauschen, macht einfach Spaß.
Neben den Mädels aus der Kindheit habe ich Freunde, die ich in der Zeit zwischen circa 20 und 30 Jahren kennengelernt habe. Während die Kindheits-Freundinnen mir alle relativ ähnlich von der Lebensführung, vom Denken und Handeln sind, hat sich bei den Freunden aus der Jugend eine völlig bunte Gruppe zusammengestellt.
Einige Freundinnen und Freunde, mit denen ich aus dieser Zeit noch Kontakt habe, haben mich früher gepflegt, andere waren Kollegen oder Kolleginnen. Wieder andere hatten gar keine Verbindung durch Job oder Pflege und sind „einfach so“ in mein Leben geschneit.
Auch diese Freunde sind mir sehr wichtig und gerade durch ihre kulturelle, biografische und weitere Vielfalt eine gegenseitige Bereicherung.
Als Kind schließt man generell schneller Freundschaften. Als Erwachsener wählt man manchmal etwas zögerlicher aus. Je älter ich wurde, desto weniger schnell habe ich Freundschaften geschlossen. Nicht, weil ich keine Lust auf andere Menschen oder neue Kontakte hatte und habe, sondern einfach, weil ich manchmal das Gefühl hatte, das Maß dessen, worum ich mich mit meinen Energiereserven und meiner Zeit kümmern kann und möchte, ist voll: Der Partner, der Job, die Organisation der Pflege, die Familie, der bestehende Freundeskreis, … all dies benötigt Zeit und Energie.
Ich will auf keinen Fall sagen, dass das Pflegen von Kontakten und das Schließen von neuen Freundschaften über meine Kraft und Nerven geht, aber seit einigen Jahren ist es dann eben doch so, dass es einfach genug ist und ich auch sorgfältiger zwischen Freunden und Bekannten abwäge.
Über Jahre gab es auch zwei Freundschaften, von denen ich im Nachhinein sage, dass sie toxisch waren. Dies habe ich erkannt und mich deutlich distanziert. Und auch das gehört dazu, denn mit dem Älterwerden kommt eine große Portion Lebenserfahrung und Menschenkenntnis hinzu. Vermeintliche Freundschaften sind nicht immer nur bereichernd.
Dennoch gibt es natürlich immer mal wieder Bekanntschaften, aus denen dann eine nette Freundschaft wird. Das freut mich dann auch.
Meine Behinderung hat im Freundeskreis nie eine Rolle gespielt. Als eine meiner besten Freundinnen heiratete, hat sie mit Bedacht eine barrierefreie Location gewählt.
Ein Kaffeeklatsch mit Freunden und Freundinnen findet dann eben eher bei mir statt als in der Wohnung von Freunden, die viele Stufen haben. Und wenn große Entfernungen zwischen uns liegen, telefonieren wir oder treffen uns online.
Mir die Jacke auszuziehen, beim Bezahlen das Portemonnaie aus der Tasche zu holen und viele andere Handgriffe mehr, die ich nicht alleine verrichten kann, übernehmen Freundinnen und Freunde so selbstverständlich, wie es auch sein sollte.
Wundere ich mich darüber? Nein, kein bisschen, denn wenn es anders wäre, wären es nicht meine Freunde. Umgekehrt erledige ich ja auch einiges für meine Freundinnen und Freunde, wobei sie Unterstützung erbitten. Hierzu gehört zum Beispiel Organisatorisches, Behördenangelegenheiten oder, aktuell ganz konkret, eine Auseinandersetzung mit der Krankenkasse. In einer Freundschaft tut jeder gerne für den anderen, was er eben kann.
Es gibt also keinen Grund, warum Freundschaften zwischen Menschen mit Spinaler Muskelatrophie und Menschen ohne eine körperliche Behinderung absichtlich verkompliziert werden oder eine andere Qualität haben sollten, als die von Menschen ohne Einschränkungen.
Hinweis: Erkennbare Markennamen sind willkürlich gewählt und dienen ausdrücklich nicht der Produktplatzierung. Biogen nimmt keinerlei Einfluss auf Umsatzgeschäfte der auf SMAlltalk sporadisch erkennbaren Markenhersteller und es bestehen diesbezüglich keinerlei Erwartungen.
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