Durch einen Unfall 1994 bist Du berufsunfähig geworden. Was sind die Hintergründe?
„Ich bin frontal gegen einen Straßenbaum gerast mit einer Aufprallgeschwindigkeit zwischen 100 und 120. Im Nachhinein steht im Raum: wahrscheinlich Sekundenschlaf! Es war ein schwerer Unfall. Ich lag das erste Mal vierzehn Tage auf der Intensivstation und davon 1,5 Wochen im künstlichen Koma. Ich war das erste Mal insgesamt neun Wochen am Stück im Krankenhaus und danach immer mal wieder. Ich habe insgesamt deutlich über zehn unfallbedingte Operationen hinter mir. Das Hauptproblem ist: Das rechte Bein ist durch den Trümmerbruch, den ich erlitten habe, jetzt 1,5 cm kürzer. Dadurch habe ich natürlich: Haltungsschäden, der Rücken ist „kaputt“. Also organisch kann man so nichts finden, aber starke Schmerzen, Kopfschmerzen, das Kurzzeitgedächtnis hat stark nachgelassen. Deshalb war an ein regelmäßiges Arbeiten zu der Zeit nicht zu denken. Die Ärzte haben auch gesagt, ich werde nie wieder ohne Hilfe laufen können. Aber es hat geklappt: Ich konnte zwei Jahre nach dem Unfall komplett auf Hilfsmittel verzichten. Und ich bin eh ein optimistischer Mensch: Geht nicht, gibt es nicht und: Es gibt eine Lösung! Aber regelmäßig arbeiten acht Stunden war zu der Zeit gar nicht möglich. War auch nicht dran zu denken. Vielleicht so ungefähr knapp sechs Jahre nach dem Unfall war langsam wieder ein etwas stärkeres Arbeiten möglich. Ich habe im öffentlichen Dienst gearbeitet und habe relativ gut verdient – dementsprechend auch eine relativ gute Rente für die kurze Zeit. Im Endeffekt habe ich fast auf den Tag genau nur zwei Jahre gearbeitet. Ich mach dann trotzdem noch – weil ich einfach sage, ich bin eben einfach noch zu jung, um zuhause zu sitzen – schon immer nebenbei irgendetwas: Pizza verkaufen bis an der Kasse sitzen, im Lager arbeiten, an so einem mobilen Stand verkaufen. Ich habe eigentlich auch schon so ziemlich alles gemacht. 2001 hat mein Bruder den Großhandel aufgekauft mit Kurzwaren. Da habe ich dann angefangen. Weil ich schon immer – seit 1996 – im Internet bin und mit Computern zu tun habe. Das habe ich mir immer alles selber beigebracht. Also ich habe das nicht gelernt. Gelernt habe ich irgendwann mal Bürokaufmann. Und mein Bruder hat von sowas gar keine Ahnung und da hat er mich gefragt, ob ich ihm den Online-Shop erstellen könnte und warten könnte und das ist im Endeffekt meine Hauptaufgabe. Es gab mal eine Zeit, da hatte ich bis zu drei Online-Shops betreut. Ich habe es aber im Moment soweit runtergefahren – auch der Kinder wegen – dass ich nur noch das bei meinem Bruder mache, weil sonst die Zeit fehlt. Also es kann auch schnell ein sehr stressiger Job werden. Vor allen Dingen, wenn man auch darauf aufpassen muss oder sollte, dass man für die 450 Euro nur eine gewisse Stundenzahl arbeiten darf. Jetzt gibt es ja seit ein paar Jahren das Mindestlohngesetz. Offiziell darf ich dann halt knapp elf Stunden in der Woche arbeiten. In der Familie sieht es noch ein bisschen anders aus, aber bei den anderen Onlineshops, die ich betreut habe, da waren dann irgendwann die elf Stunden ein bisschen zu wenig. Das hätte also mindestens fünfzehn oder achtzehn Stunden die Woche sein müssen und das hat dann aufgrund des zu verdienenden Gehaltes nicht mehr ausgereicht und dann habe ich die abgegeben.“
Inwiefern hat die SMA zur Erwerbsunfähigkeit beigetragen?
„Sie ist im Endeffekt förderlich gewesen beim Antragstellen. Es ist jetzt fraglich gewesen, zu der Zeit, ob die Unfallfolgen nicht eventuell irgendwann wieder weg gehen. Da war die Frage erst nach einer befristeten Rente, bei der dann zuerst jedes Jahr, dann alle zwei Jahre und irgendwann alle fünf Jahre nochmal geguckt wird: Besteht sie noch zurecht? Der Gutachter meinte dann: Die Unfallfolgen UND die Muskelatrophie (SMA) zusammen heißt, ich könnte nur noch weniger als vier Stunden am Tag arbeiten und das war noch zu der alten Rentengeschichte, wo dann gesagt wurde, unter vier Stunden ist eine Erwerbsunfähigkeit-Rente. Die BfA (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) hätte mir zu der damaligen Zeit auch noch einen Job besorgen müssen. Es war damals nicht so wie heute, dass man sagt: Okay, die Rente kriegst du, aber Job musst du zusehen. Ich habe beim Öffentlichen Dienst gearbeitet, bei der Rostocker Straßenbahn AG. Da hatte der Arbeitgeber schon gesagt: Unter vier Stunden haben wir keinen Job! Zumindest nichts, was sinnvoll wäre. Sie hätten mich dann als Pförtner eingestellt, aber auch das wäre schwierig gewesen und dann meinte ich: Nee, nee, also wenn, arbeite ich in meinem Beruf oder ansatzweise irgendetwas, das mit Computern zu tun hat. Dann meinten sie: Jetzt zu sagen, okay, Sie arbeiten jetzt drei Stunden am Tag – das bringt uns überhaupt nichts. Die BfA meinte auch: Nee, nee, also wenn es unter halbschichtig ist, also unter vier Stunden, dann bekommen Sie eine Erwerbsunfähigkeits-Rente. Und aufgrund der SMA als Grunderkrankung gab es die Rente auf Dauer.“
Hinweis: Erkennbare Markennamen sind willkürlich gewählt und dienen ausdrücklich nicht der Produktplatzierung. Biogen nimmt keinerlei Einfluss auf Umsatzgeschäfte der auf SMAlltalk sporadisch erkennbaren Markenhersteller und es bestehen diesbezüglich keinerlei Erwartungen.
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