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SMAlltalk SMA
Mobilität ist für mich gleichzusetzen mit Freiheit und die hat einen sehr hohen Stellenwert für mich. Das hat bei mir nicht nur mit meinem Privatleben, sondern auch mit meiner Arbeit als Künstler zu tun. Mobilität ist für mich absolut unverzichtbar – trotz und wegen meiner spinalen Muskelatrophie.
Das wichtigste Hilfsmittel für meine Mobilität ist mein Elektrorollstuhl, den ich mit einem Joystick mit dem rechten Daumen steuere. Mit ihm komme ich von A nach B, aber er hat auch andere wichtige Aufgaben: So macht es eine Liftfunktion zum Beispiel erst möglich, dass ich mich auf Augenhöhe mit anderen unterhalten kann. Ein Roboterarm am Rollstuhl hilft mir, Lichtschalter zu bedienen, auf Knöpfe im Lift zu drücken oder Dinge aufzuheben, die mir heruntergefallen sind. Mit einer Kopfziehhilfe kann ich meinen Kopf nach oben strecken, um die Wirbelsäule zu entlasten und die Lungen besser zu belüften. Früher habe ich immer jemanden gebraucht, der das für mich manuell gemacht hat. Mein guter Freund Berni, ein ehemaliger Ingenieur, hat dann die Kopfziehhilfe zusammen mit mir über die Jahre so entwickelt, dass sich diese mittlerweile elektrisch über den Mini-Joystick von mir allein bedienen lässt. Wir haben dann vor fast 15 Jahren auch damit angefangen ein spezielles Akku-System für meinen Rollstuhl zu entwickeln. Mittlerweile dauert eine volle Ladung 3 Stunden und hält fast 4 Tage. Als Gadget habe ich mir eine Soundbar installieren lassen, damit ich Musik hören kann, egal wo ich gerade bin.
Für die Zukunft würde ich mir noch eine Augensteuerung oder Gedankensteuerung wünschen, denn dann könnte ich den Joystick parallel für andere Dinge nutzen. Aktuell muss ich aus dem Fahrmodus rausgehen, um zum Beispiel eine Nachricht zu tippen oder meinen Laptop zu bedienen.
Auf die größten Mobilitätshürden stoße ich beim Bahnfahren oder Fliegen. Und auch Taxifahren ist in Deutschland schlicht unmöglich. Für viel Geld wurden in München zwei Inklusionstaxis angeschafft, die angeblich rund um die Uhr verfügbar sein sollen. Als ich vor kurzem einen Notfall hatte und mein Auto in der Werkstatt war, habe ich versucht, eines davon zu buchen – es kam ein normales Taxi und der Taxifahrer hat mich noch angemeckert, dass er jetzt umsonst gekommen wäre. Hier gibt es noch viel zu tun. In Amerika wurde erst vor kurzem Uber verklagt, weil sie keine barrierefreien Transportmöglichkeiten angeboten haben. Sie mussten eine sehr hohe Strafe zahlen. Jetzt bieten sie das an. Aber auch in den USA klappt noch nicht alles: Letztes Jahr hatte ich sechs Wochen vor meiner New York Reise ein Auto gebucht. Ich hatte telefonisch nochmals nachgefragt, wie das genau mit der Fahrzeugübergabe läuft. Vor Ort war das Auto dann nicht verfügbar, sie hatten es einfach storniert! Alle meine beruflichen Termine sind geplatzt.
Linienflüge kommen für mich nur ab Distanzen über 4.000 km in Frage, denn nur auf Langstrecken wird First oder Business Class mit der Ausstattung angeboten, die mir den benötigten Platz bietet, den ich und meine Begleitung brauchen, um sicher und komfortabel fliegen zu können. Alle Strecken unter 1.000 km bereise ich mit dem Van. Reiseziele zwischen 1.000 und 4.000 km könnte ich nur mit einer geeigneten Chartermaschine zurücklegen.
Um noch einmal auf die Linienflüge und längere Reisen zurückzukommen. Hier organisiert ein befreundeter professioneller Travel Agent, der normalerweise ausschließlich für prominente Persönlichkeiten tätig ist, meine Reisen. Dazu gehören unter anderem auch die gesamten Anträge und Genehmigungen, die von der jeweiligen Fluggesellschaft verlangt werden. Die Gepäckvorbereitung übernehme selbstverständlich ich. Doch auch hier muss alles, was eingepackt wird, penibel an die Fluggesellschaft im Voraus übermittelt werden. Weil das aber noch nicht genug ist, hat mein „Ingenieursfreund“ meinen Rollstuhl so modifiziert, dass sich die Batterien mit einem Hauptschalter komplett abschalten lassen; das fordern die Fluglinien. Außerdem habe ich von einem Hersteller für Instrumentenkoffer und Bühnentechnik eine Transportbox für den Rollstuhl anfertigen lassen. In der Transportbox kann der Rollstuhl so fixiert werden, dass er, auch falls die Box umfällt, nicht kaputt geht. Die Box ist ziemlich groß, aber wir packen dann am Zielort einfach all unsere Sachen rein, sie ist dann unser einziges Gepäckstück. Trotzdem müssen wir immer schauen, dass die Box vor Ort dann auch in das Mietauto passt.
Ich fahre in einem amerikanischen Chevrolet. In den USA braucht man keinen extra Autoumbau für den Rollstuhl. Man kann Befestigungsschienen und Rampe als Sonderausstattung bei jedem Automodell einfach über den Hersteller mitbestellen. Im Endeffekt ist daher ein amerikanisches Auto für mich preisgünstiger als ein deutsches, trotz der Transport- und Importkosten. Nichtsdestotrotz muss ich bei dem Bezirk, der mein Auto finanziert, argumentieren, warum ich wieder ein amerikanisches Fahrzeug brauche – auch wegen der weicheren Federung, die bei allen Fahrten für mich unerlässlich ist.
Vor allem im Winter verlasse ich meine Wohnung wegen der Kälte selten, daher brauche ich auch dort Bewegungsfreiheit. Ich habe das Privileg in einem Loft, wie in einem Raumschiff zu wohnen. Dort habe ich alles, was ich für das Leben, meine Arbeit und für meine Freizeit benötige. Einen Beamer und eine riesige Leinwand, die zum Kino oder Football-Stadion werden können, Musikanlage und Spiegelkugel für den Clubabend und ich habe genügend Platz, um Ausstellungen oder Veranstaltungen bei mir zuhause abhalten zu können. Die Welt kommt im Winter also zu mir.
Weitere Eindrücke wie Phil auf Reisen ist
Hinweis: Erkennbare Markennamen sind willkürlich gewählt und dienen ausdrücklich nicht der Produktplatzierung. Biogen nimmt keinerlei Einfluss auf Umsatzgeschäfte der auf SMAlltalk sporadisch erkennbaren Markenhersteller und es bestehen diesbezüglich keinerlei Erwartungen.
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