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Ich selbst wohne in einer ländlichen Region Deutschlands. Bus und Bahn nutzen? Fehlanzeige! Das öffentliche Verkehrsnetz hier ist kaum ausgebaut, und bei den wenigen Angeboten, die es gibt, mangelt es an Barrierefreiheit. Kurz gesagt: Ohne ein eigenes Fahrzeug geht nichts. Ein behindertengerechtes Auto ist für mich daher essenziell, um flexibel und unabhängig zu sein.
Als Rollstuhlfahrerin mit Assistenzbedarf kann ich zwar keinen Führerschein machen, aber das bedeutet nicht, dass ich kein Auto besitzen kann – ganz im Gegenteil! Vor Kurzem konnte ich mir den Traum vom behindertengerechten Auto endlich erfüllen. Doch wie kommt man an ein geeignetes Fahrzeug? Welche finanziellen Hilfen gibt es? Wie läuft so ein Fahrzeugumbau ab? Und was muss man alles beachten? In diesem Blogbeitrag teile ich meine Erfahrungen und gebe hilfreiche Tipps für alle, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
Damit ich bequem transportiert werden kann, muss ein Fahrzeug einige Kriterien erfüllen. Ich kann beispielsweise nicht selbst einsteigen und benötige eine Rampe oder einen Lift, um mit dem Rollstuhl ins Auto zu gelangen. Das funktioniert allerdings nur, sofern das Fahrzeug über einen geräumigen Innenraum verfügt.
Außerdem ist mein Elektrorollstuhl sehr schwer. Um während der Fahrt sicher im Rollstuhl sitzen zu können, muss eine spezielle Rückhaltevorrichtung eingebaut werden.
Solche Umbauten sind individuell, weshalb es keine Standardlösung gibt. Ein professioneller Fahrzeugumbauer hilft dabei, die beste Lösung für die persönlichen Bedürfnisse zu finden.
Ein behindertengerechter Umbau ist teuer. Je nach Anpassung können schnell Beträge zwischen 5.000 und 20.000 Euro anfallen – oder sogar noch mehr. Zum Glück gibt es verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten.
Übrigens kannst du als Person mit einer Behinderung auch finanzielle Unterstützung bei der Erlangung einer Fahrerlaubnis erhalten. Ja, richtig gehört! Dank moderner Technik ist es möglich, auch als Rollstuhlfahrer*in den Führerschein zu machen.
Wer wegen einer körperlichen Einschränkung nicht in der Lage ist, ein Auto zu fahren, im täglichen Leben aber dennoch darauf angewiesen ist, nennt sich Passivfahrer*in – so wie ich.
Je nach Lebenssituation kommen verschiedene Kostenträger infrage:
Rentenversicherung: Falls die Mobilität für die Berufsausübung notwendig ist, kann die Deutsche Rentenversicherung (DRV) die Kosten übernehmen. Voraussetzung: mindestens 15 Jahre Beitragszahlung.
Agentur für Arbeit: Wenn das Auto für den (Wieder-)Einstieg in den Beruf benötigt wird, kann die Arbeitsagentur oder das Jobcenter helfen.
Integrationsamt: Beamte und Selbstständige können Zuschüsse beantragen, insbesondere für spezielle Anpassungen.
Krankenkasse und Pflegekasse: Sie übernehmen zwar in der Regel keine direkten Kosten für den Umbau, aber möglicherweise Kosten für notwendige medizinische Hilfsmittel im Fahrzeug (z.B. spezielle Halterungen).
Sozialamt: Falls kein anderer Kostenträger zuständig ist, kann das Sozialamt im Rahmen der Eingliederungshilfe helfen.
Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen ist, dass aufgrund der Behinderung dauerhaft ein Kraftfahrzeug benötigt wird, um den Arbeits- oder Ausbildungsort zu erreichen. Anspruch haben ausschließlich Personen, für die es unmöglich oder unzumutbar ist, den Arbeitsweg zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen.
Davon abgesehen kann auch die soziale Teilhabe ein Grund für einen behindertengerechten Autoumbau sein.
Falls keiner der oben genannten Kostenträger für deinen Fall zuständig ist, gibt es zahlreiche Stiftungen, die Menschen mit Behinderung finanziell unterstützen.
Die Kfz-Hilfe-Verordnung (KfzHV) gibt es als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Reha) und als Leistung zur sozialen Teilhabe. Hierüber können Zuschüsse für ein Fahrzeug oder Umbauten beantragt werden.
In meinem Fall habe ich neben dem behindertengerechten Umbau auch einen Antrag für die Anschaffung eines Neufahrzeugs gestellt. Während der Einbau einer behinderungsbedingten Sonderausstattung in vollem Umfang vom zuständigen Kostenträger übernommen wird, erhältst du für das Fahrzeug in der Regel nur einen Zuschuss.
Der Zuschuss zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs ist vom Einkommen abhängig. Der Bemessungsbetrag liegt hier bei 22.000€. Einen höheren Zuschuss gibt es nur, wenn ein teureres Kraftfahrzeug wegen der Art oder Schwere der Behinderung zwingend erforderlich ist – beispielsweise, wenn deine Hilfsmittel in einem normalen Pkw keinen Platz finden.
Steuerliche Vorteile
Menschen mit Schwerbehindertenausweis (Merkzeichen „G“, „aG“, „H“ oder „Bl“) können von der Kfz-Steuer befreit oder ermäßigt werden. Einen Antrag dafür kannst du einfach online beim Zollamt stellen.
1. Bedarf analysieren
Zunächst habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was ich eigentlich brauche, und meine Bedürfnisse klar definiert: Wo möchte ich im Auto sitzen? Wie komme ich hinein? Welche Hilfsmittel brauche ich? Ein Gespräch mit einem Umbaubetrieb, der Austausch mit anderen Betroffenen sowie eine ausführliche Recherche haben mir bei der Entscheidungsfindung sehr geholfen.
Anfangs wusste ich nämlich gar nicht, was alles möglich ist, und war ein wenig überfordert von den vielen Optionen, die mir plötzlich aufgezeigt wurden. Es ist wichtig, sorgfältig abzuwägen, was sinnvoll ist und auf welche Dinge eventuell verzichtet werden kann. Vertraue dabei unbedingt auf dein Bauchgefühl.
Mir war schnell klar, dass ein Heckeinstieg nicht die optimale Lösung für mich ist, da ich mich bei längeren Fahrten zwischendurch auch mal hinlegen muss und dafür die Rückbank brauche. Diese würde bei einer Heckrampe allerdings wegfallen. Deswegen habe ich mich für einen seitlichen Hebelift entschieden, der mittels Fernbedienung funktioniert.
Anstatt einer speziellen Dockingstation für den E-Rollstuhl gibt es in meinem Kleinbus zudem ein manuelles Verankerungssystem mit Spanngurten und Karabinerhaken. Im Vergleich zur Dockingstation ist diese Variante deutlich kostengünstiger. Wer nicht unbedingt gesteigerten Wert darauf legt, mit dem Rollstuhl auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen, kann ebenfalls viel Geld sparen.
Rückbank von Carolins umgebautem Auto
Um einen Antrag zu stellen, habe ich zunächst den zuständigen Kostenträger kontaktiert und über mein Vorhaben informiert. Eventuell wird vor dem Ausfüllen der Antragsformulare noch ein persönlicher Termin mit einem technischen Berater vereinbart, der sich einen Überblick über die Situation verschafft.
Anschließend musst du alle erforderlichen Unterlagen, samt Kostenvoranschlägen sowie medizinischem Gutachten, beim Kostenträger einreichen. Die Bearbeitung kann etwas dauern – also früh genug anfangen!
Nicht jedes Fahrzeug eignet sich für einen Umbau. Oft sind Vans oder Transporter besser geeignet, da sie mehr Platz bieten.
Außerdem solltest du dir bewusst sein, dass Neufahrzeuge im Moment sehr lange Lieferzeiten haben können. Auf meinen Ford habe ich neun Monate warten müssen. Bei manchen Herstellern kann es zum Teil noch länger dauern. Du solltest also viel Geduld mitbringen, wenn du ein behindertengerechtes Auto anstrebst. Natürlich ist es auch möglich, einen Zuschuss für einen Gebrauchtwagen zu erhalten. Dann sollte dieser jedoch in einem guten Zustand und nicht zu alt sein.
Der eigentliche Umbau kann je nach Umfang einige Wochen dauern. Es gibt viele Spezialfirmen, die individuelle Lösungen anbieten. Eine Liste mit Umrüstbetrieben findest du hier.
Egal, ob du dich am Ende für eine große Firma oder den kleinen Handwerksbetrieb in deiner Nähe entscheidest – wichtig ist eine gute Absprache mit dem Anbieter.
Ein behindertengerechter Autoumbau ist eine große Investition – finanziell, organisatorisch und emotional. Doch wenn alles geklärt ist, bietet er ein großes Stück Freiheit und Lebensqualität. Für mich war es die beste Entscheidung, diesen Weg zu gehen.
Hinweis: Erkennbare Markennamen sind willkürlich gewählt und dienen ausdrücklich nicht der Produktplatzierung. Biogen nimmt keinerlei Einfluss auf Umsatzgeschäfte der auf SMAlltalk sporadisch erkennbaren Markenhersteller und es bestehen diesbezüglich keinerlei Erwartungen.
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