Jahrgang: 1990 •
SMA TYP II

Persönliche Assistenz im Arbeitgebermodell mit SMA – Selbstbestimmung und Eigenverantwortung trotz Einschränkungen

Die persönliche Assistenz bietet eine effektive Möglichkeit, insbesondere im Erwachsenenalter, ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben zu führen. Mit dem Arbeitgebermodell halte ich dabei die Zügel in der Hand. Im Folgenden erfahrt ihr mehr über meine zusätzlichen Aufgaben und meine Entscheidung für das Arbeitgebermodell.

Die Beine von zwei Personen: ein Mann sitzt im Rollstuhl, eine Frau geht neben ihm.
Die Beine von zwei Personen: ein Mann sitzt im Rollstuhl, eine Frau geht neben ihm.

Teilhabe am Leben ermöglichen

Auch mit der bei SMA fehlenden Bewegungsmöglichkeit muss man nicht unbedingt auf Bezugspersonen oder gar Pflegedienste oder -heime angewiesen sein.

Die persönlichen Assistenten übernehmen die Funktionen von Händen und Füßen, führen die Körperpflege sowie Haushaltsaufgaben aus und begleiten einen auch bei öffentlichen und privaten Erledigungen.

Alles erfolgt gemäß dem individuellen Bedarf. Die Assistenz ist lediglich die ausführende Kraft – das Denken und die Anweisungen muss man schon selbst erledigen.

Es gibt viele Träger, die für eine vollständige Übernahme der Kosten für die persönliche Assistenz infrage kommen. Schon vor der Beantragung beim jeweiligen Kostenträger ist es jedoch wichtig, sich Gedanken zu machen, ob man im Rahmen der persönlichen Assistenz einen eigenen Betrieb führen möchte (Arbeitgebermodell) oder ob man sich dem größten Teil der Verantwortung entledigen möchte, indem man einen Dienstleister für die Assistenz beauftragt (Dienstleistermodell), und dafür einen individuellen Lebensstil einbüßt.

Ich bin seit mittlerweile über einem Jahrzehnt Verfechter des Arbeitgebermodells. Ich erhalte monatlich das Geld für meine Betriebskosten und kann darüber frei im Rahmen der persönlichen Assistenz verfügen. Lediglich muss ich regelmäßig beim Kostenträger nachweisen, dass ich mir das Geld nicht selbst in die Taschen stecke.

Verantwortung und ihre Freiheiten

Im Arbeitgebermodell zu sein bedeutet auch, sämtliche Verantwortungen für meinen Betrieb zu übernehmen. Da niemand zwischen meinen Assistenten und mir steht, ist das Vertrauensverhältnis unter Arbeitgeber und Arbeitnehmer deutlich größer als bei einem Pflege- oder Assistenzdienst.

Wenn es Konflikte gibt, muss man nicht erst eine dritte Partei einberufen. Stattdessen kann ich mich direkt mit der betroffenen Person zusammensetzen und in Ruhe, persönlich und vor allem auf Augenhöhe besprechen, was gerade nicht so gut läuft, sodass wir gemeinsam nach Lösungen suchen können. Diese werden immer gefunden und das mit weit weniger Hemmungen, als wenn noch eine Person dabei ist, die nur bedingt mit den Konfliktparteien zusammenarbeitet und eigene Interessen verfolgt.

Ich bin auch für die Arbeitsverträge und die Abrechnungen verantwortlich. Schon häufig habe ich von Bewerbern gehört, dass sie froh sind, nicht über einen Assistenzdienst bei mir angestellt zu sein. Bei der Hektik im Pflegealltag kann man schnell vergessen werden, weil es mehrere assistierende Personen gibt. Die Lohnzahlungen sind zumindest intransparent, dafür aber unregelmäßig.

Noch vor der Einstellung bespreche ich mit angehenden Assistenten die Arbeitsbedingungen. Sie können mir auch jederzeit nachträglich Fragen stellen. Bei mir ist alles transparent und 100% der Mittel fließen in meine Mitarbeiter und den Betrieb. Da ich mit der persönlichen Assistenz keine Gewinnabsicht verfolge, erhalten die Assistenten mehr von ihrem Lohn als bei einem Dienstleistermodell.

Ein weiterer Punkt ist die Einteilung von Diensten. Bei einem Dienstleistermodell habe ich wenig Mitspracherecht, wann welcher Assistent bei mir arbeitet. Wenn zum Beispiel ein sehr häuslicher Assistent mit mir zu einem Konzert muss, ist das keine gute Passung. Möchte ich meinen Computer säubern, bin ich mit einer technisch unbedarften Person trotz aller Bemühungen aufgeschmissen – und am Ende sind alle unglücklich.

Deshalb erstelle ich im Arbeitgebermodell meine Dienstpläne selbst. Wenn etwas Größeres ansteht oder es um die Verteilung von Zuschlägen geht, kann ich immer steuern, wer wann und wie bei mir arbeitet, sowohl zu meinem Vorteil als auch zu Gunsten meiner Mitarbeiter. Gleichzeitig kann ich in einem bestimmten Rahmen auch Dienstwünsche berücksichtigen. Außerdem kann ich meine Vorhaben so planen, dass die anwesende Assistenz die geeignetste Person für die jeweiligen Aufgaben ist. Auch die moderne Mitarbeiterführung besagt, dass Mitarbeiter lieber Aufgaben erledigen, die ihren Stärken entsprechen.

Selbstwirksamkeit treibt mich an

Natürlich muss man auch den Elan aufbringen, all diese Aufgaben neben seinem Alltag zu bewältigen. Das mag erst einmal abschreckend klingen, aber im Durchschnitt beträgt der Aufwand vier bis acht Stunden im Monat.

Für mich ist diese Zeit, um eine möglichst große Selbstbestimmtheit und Selbstwirksamkeit im Leben zu haben, mehr wert, als man es sich vorstellen kann – denn dies entspricht auch den Zielen der UN-Behindertenrechtskonvention. Außerdem kann ich sicher sein, dass ich optimal versorgt werde, denn allein ich habe die Zügel in der Hand.

Aber das war nicht immer so. Zum persönlichen Budget im Arbeitgebermodell kann man auch Budgetassistenz beantragen. Diese ermöglicht mit zusätzlichen finanziellen Mitteln das selbstständige Beauftragen von Dienstleistern, die bestimmte Aufgaben übernehmen. Als Beispiel sei ein Abrechnungsbüro für die Abrechnung genannt.

Der Vorteil hierbei ist, dass man sich den Dienstleister jederzeit selbst aussuchen kann. Der Grundgedanke ist jedoch, dass nur so viel Budgetassistenz bewilligt wird, wie tatsächlich notwendig ist. Mit der Zeit wird also auch der Punkt kommen, an dem man sich fragen muss, ob bestimmte Hilfestellungen noch benötigt werden oder ob man mehr Aufgaben eigenständig übernehmen kann.

Dank des Arbeitgebermodells bin ich seit über einem Jahrzehnt Herr meiner eigenen Assistenz und ich würde diese Freiheit immer wieder wählen.

Jahrgang: 1990 •
SMA TYP II

Hinweis: Erkennbare Markennamen sind willkürlich gewählt und dienen ausdrücklich nicht der Produktplatzierung. Biogen nimmt keinerlei Einfluss auf Umsatzgeschäfte der auf SMAlltalk sporadisch erkennbaren Markenhersteller und es bestehen diesbezüglich keinerlei Erwartungen. 

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