Tatsächlich mache ich Physiotherapie und physiotherapeutische Übungen. Oder, genauer gesagt, sie werden mit mir gemacht. Denn in der Tat ist mein aktives Zutun sehr gering. Trotzdem sind diese Maßnahmen überaus wichtig. Meine Therapeut*innen und Assistenzkräfte machen dieses „Sportprogramm“ daher mit mir morgens, mittags und abends. Dabei konzentrieren wir uns vor allem darauf, meine Gelenke mobil zu halten und Kontrakturen vorzubeugen. All das mit dem Ziel, dass meine Gliedmaßen möglichst beweglich bleiben – wenn auch nicht mehr aktiv, durch eigene Muskelkraft, dann doch zumindest passiv, wenn jemand anderes sie bewegt.
Mit diesem „Sportprogramm“ aus physiotherapeutischen Übungen bin ich groß geworden. Glücklicherweise kannten meine Eltern eine Physiotherapeutin als ich klein war. Bereits kurz nach der Diagnose der SMA hatte sich diese meiner angenommen. Aber sie hat noch mehr getan. Denn sie hat meinen Eltern deutlich gemacht, dass 1x Physiotherapie pro Woche nicht ausreichen würde, um den körperlichen Abbau zu stoppen. Also zeigte sie ihnen ein paar Übungen, die sie auch zu Hause mit mir machen konnten und schärfte ihnen ein, das wirklich zu tun. Ich bin meinen Eltern unendlich dankbar, dass sie das dann auch gemacht haben. Ich bin also damit aufgewachsen, dass mindestens zweimal pro Tag meine Arme und Beine ordentlich durchbewegt wurden.
Und wie das so ist mit Gewohnheiten, die man von Klein auf hat, man behält sie häufig bei. So auch in meinem Fall. Für mich gehören diese Übungen einfach zum Tagesablauf dazu – wie Frühstücken oder Zähneputzen. Dadurch bin ich trotz der sehr weit fortgeschrittenen Erkrankung immer noch recht beweglich. Das ist ein wahrer Segen im Alltag. Denn so sind Sachen wie Lagerung oder das An- und Ausziehen immer noch relativ leicht zu bewältigen. Ich habe auch schon andere Menschen mit SMA gesehen, bei denen nicht so sehr auf die Mobilisation geachtet wurde. Die sind dann häufig gelenkig wie ein Amboss. Was für eine Strapaze es für die Betroffenen selbst und ihr Umfeld sein muss, beispielsweise die Kleidung zu wechseln, kann ich mir nur ausmalen.
Neben der Physiotherapie gehe ich, zumindest in der wärmeren Jahreszeit, auch mindestens 3–4x pro Woche zum Jogging. Die/der findige Leser*in wird sich nun an dieser Stelle schon denken, dass ich natürlich nicht wirklich durch die Gegend renne. Nichtsdestotrotz drehe ich gerne mit meinem Elektrorollstuhl auf Höchstgeschwindigkeit einige Runden auf der Laufbahn eines nahegelegenen Sportplatzes. Da ich dort nicht darauf achten muss, wo ich hinfahre oder ob es Unebenheiten im Boden gibt, hat meine Zeit auf dem Sportplatz für mich fast schon etwas Meditatives. Ich kann den Gedanken freien Lauf lassen. Oder mich an der frischen Luft voll und ganz auf meine Atmung konzentrieren. Darüber hinaus haben Studien mit Hochleistungssportler*innen gezeigt, dass es für das Gehirn keinen Unterschied macht, ob man eine Aktivität tatsächlich ausführt oder sich das Ganze nur vorstellt. So kann es also durchaus sein, dass ich manchmal wirklich über den Sportplatz jogge – zumindest in meiner Vorstellung 😉
Bastian geht mindestens 3-4x pro Woche zum „Jogging“.
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