Heute bin ich sehr dankbar für diesen liebevollen „Tritt in den Hintern“, den es eben manchmal bedarf – aber dazu später noch mehr.
In jedem Fall hatte ich mich nach der Schule (und parallel zu der Zuständigkeitsfindung bei der Agentur für Arbeit) mit meinem Einser-Abitur an den verschiedensten Stellen für einen Ausbildungsplatz beworben. Angefangen bei der örtlichen Sparkasse, über diverse Banken bis hin zum öffentlichen Sektor, wie Landratsamt, Bundesamt für Verfassungsschutz und sogar Bundesnachrichtendienst (wenn schon nicht Bodyguard, könnte ich vielleicht zumindest Geheimagent werden). Denn natürlich hat, gerade in unserer Situation, ein Angestelltenverhältnis große Vorteile. Stichwort: Soziale Sicherheit. Überall kam ich auch problemlos bis in die letzte Bewerbungsrunde. Doch dann hieß es immer: „Wir haben uns leider für einen geeigneteren Bewerber entschieden.“
Für mich hörte sich das oft an wie: „Sie sind uns leider zu behindert". Klagen wollte ich aber nicht, denn hat man an einem eingeklagten Arbeitsplatz wirklich Spaß?
Nachdem es also mit einer Ausbildung nicht geklappt hatte, überlegte ich mir, den akademischen Weg einzuschlagen. Hier gab es aber ebenfalls diverse Hürden. Neben unkooperativen Universitäten leider auch Kostenträger, die wieder einmal Verfahren so sehr in die Länge zogen, dass ich verschiedene Fristen zum Studienbeginn versäumte. Für mich war das seinerzeit sehr frustrierend. Umso mehr freut es mich zu wissen, dass derartige Erlebnisse heute eher die Ausnahme als der Standard sind. Und dafür muss ich gar nicht auf die vorher genannten Beispiele verweisen. Auch ich habe mittlerweile noch ein Studium absolviert. Studieren mit SMA ist aber an anderer Stelle Thema.
Mir halfen damals meine Eltern aus dem dunklen Loch heraus, in das ich nach den Erfahrungen, voller Elan ins Berufsleben starten zu wollen und dabei aufgrund der SMA ausgebremst zu werden, gefallen war. Sie sagten nämlich zu mir: „Wenn du glaubst, du kannst hier zu Hause sitzen, nichts tun und auf unsere Kosten leben, dann irrst du dich. Denn wir wissen, dass du mehr kannst.“ Anschließend erinnerten sie mich noch mal an einen Spruch, den ich in meiner Rede bei der Abi-Entlassung zum Besten gegeben hatte:
Manchmal brauchen wir so einen liebevollen Tritt in den Hintern, um uns wieder aufzuraffen und weiterzumachen. Ich überlegte also, was ich auch ohne eine Ausbildung oder ein Studium machen könnte, um Geld zu verdienen und dabei Spaß zu haben. Abgesehen von einigen kreativen Projekten (die allesamt mehr Geld kosteten als sie einbrachten) blieb noch die Schreiberei. Darin war ich schon zu Schulzeiten gut gewesen, ich hatte Spaß daran und konnte es auch mit meinen Einschränkungen aufgrund der SMA ganz entspannt bewerkstelligen.
Also begann ich, mir eine Karriere als freiberuflicher Autor aufzubauen. Bald schon hatte ich meine ersten Stammkunden. Durch die Arbeit selbst, einige interessante Fortbildungen und einen engagierten Chefredakteur bei einem Magazin, der mich ein wenig unter seine Fittiche nahm, wurde ich immer besser und konnte mir tatsächlich eine stabile Selbstständigkeit aufbauen. Zwar ohne soziale Sicherheiten (wer selbstständig ist und nicht arbeitet, verdient eben auch nichts), aber dafür auch vollkommen selbstbestimmt. Etwas, das mir tatsächlich wichtig ist, wie ich einige Jahre später feststellte, als ich doch zeitweise in einem Angestelltenverhältnis war.
Natürlich gab es in all den Jahren Höhen und Tiefen. Aber ich machte eben auch sehr viele Erfahrungen, die ich in einem anderen Berufsleben nicht hätte machen können. Eben weil ich mein eigener Chef bin und selbst bestimmen kann. Unterm Strich bin ich mit meinem beruflichen Werdegang sehr zufrieden. Mittlerweile habe ich, wie schon geschrieben, sogar noch ein Studium absolviert und die Freiberuflichkeit in eine eigene Firma überführt. Weitere Firmen sind aktuell in Planung.
Wenn ich jungen Menschen mit SMA einen Tipp für das Berufsleben geben sollte, wäre es folgender:
Den richtigen Job zu finden, ist manchmal gar nicht so einfach.
Fortsetzung folgt...
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